Herz-Jesu-Wallfahrt Hall in Tirol

Predigt Herz-Jesu-Wallfahrt in Hall

GV Walser  - Herz-Jesu-Wallfahrt Hall in Tirol
Predigt 26.08.2023, Hall im Tirol

Seit einem guten Jahr bin ich Pfarrer der Pfarrei St. Fridolin in Ruggell, in deren Pfarrkirche der linke Seitenaltar dem Herzen Jesu geweiht ist. Das ist nicht unty-pisch für einen 1925 errichteten, neugotischen Altar. Die Herz-Jesu-Verehrung war damals in «Mode». Vielleicht nicht so häufig kommt es vor, dass neben der Statue des Heiligsten Herzens Jesu zwei heilige Ordensfrauen stehen: Die hl. Margareta Maria Alacoque und die hl. Gertrud von Helfta oder Gertrud die «Große», wie sie als einzige deutschsprachige Heilige auch genannt wird. Es ist anzunehmen, dass diese Komposition vom Künstler oder von der Pfarrei bewusst gewählt wurde, weil hinter diesen beiden Heiligen jeweils ein theologisches Programm der Herz-Jesu-Verehrung steht, dem wir heute ein wenig nachgehen wollen.

1. Was bedeutet die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu?
Die Antwort ist für Sie als glühende Verehrer des Herzens Jesu, die eigens zu dieser Wallfahrt nach Hall gekommen sind, natürlich eine Selbstverständlichkeit, die man dennoch einmal auch ausdrücklich erwähnen darf: Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, wird unter dem Gesichtspunkt seiner durch sein Herz symbolisierten Liebe verehrt.

2. Was sind die biblischen Quellen der Herz-Jesu-Verehrung?
Den dazugehörigen Grundtext findet man im Johannesevangelium. Nach dem Bericht vom Tode Jesus am Kreuz, lesen wir: «Weil Rüsttag war und die Körper während des Sabbats nicht am Kreuz bleiben sollten - dieser Sabbat war nämlich ein großer Feiertag -, baten die Juden Pilatus, man möge ihnen die Beine zerschlagen und sie dann abnehmen. Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus» (Joh 19,31-34).
Dazu gehört auch die Stelle einer Rede Jesu vor dem hohen Rat:

«Am letzten Tag des Festes, dem großen Tag, stellte sich Jesus hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt! Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen» (Joh 7,37-38).

Am Kreuz flossen aus dem Leichnam Jesu bzw. aus dem durchbohrten Herzen des Gekreuzigten Blut und Wasser. Jesus sagte vor dem Hohen Rat, dass dies Ströme von lebendigem Wasser sind, und schon die frühe Kirche bzw. die frühen Kirchenväter haben das aus der Seite Jesu fließende Blut und Wasser als die Kirche und als ihre Sakramente interpretiert. In der Präfation der Votivmesse vom Heiligsten Herzen Jesu heißt es denn auch:

«Aus seiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser, aus seinem durchbohrten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche. Das Herz des Erlösers steht offen für alle, damit sie freudig schöpfen aus den Quellen des Heiles.»

3. Was ist der Beitrag der hl. Gertrud der Großen (1256-1301/2) zur Herz-Jesu-Verehrung?
Die hl. Gertrud gehört zu den mittelalterlichen Mystikern, von denen Impulse zur Herz-Jesu-Verehrung ausgingen. Gestützt auf einen Kommentar zum Hohen Lied des hl. Bernhard von Clairvaux, wurde für die Mystikerinnen von Helfta die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, aus dem die Sakramente der Kirche entspringen, zu einem wesentlichen Teil ihrer Spiritualität. Am Fest des hl. Johannes des Evangelisten hatte Gertrud eine Vision, in der sie ihr Haupt neben die Seitenwunde Christi bettete und den Schlag des Herzens Jesu hörte. In der Vision fragte sie den hl. Johannes daraufhin, ob er beim Letzten Abendmahl den Schlag des Herzens Jesu gehört und warum er darüber nichts geschrieben habe. Der hl. Johannes erwiderte, diese Offenbarung sei für kommende Zeitalter bestimmt, wenn die erkaltete Welt sie brauche, um ihre Liebe neu zu entfachen.

Die Zeit, in der wie leben, darf man durchaus als eine Zeit beschreiben, in der die Liebe zum HERRN wieder neu zu entfachen ist: Mit Johannes hören wir den Herzschlag Jesu. Es ist das Herz, das voll Liebe für uns schlägt. Das ist nicht ein-fach Theorie oder Theologie als abstrakte Wissenschaft. Das soll zum alltäglichen Glauben für uns werden: Viele Menschen habe es heute schwer – und auch früher war manches nicht einfach. Viele leiden unter Mutlosigkeit oder Depressionen. Nur schon die Tatsache, dass Gottes Herz aus Liebe für jeden von uns – für dich und mich – ständig schlägt, ist ein steter Trost. Ich darf mich jederzeit – gerade auch in Prüfung und Not – im Herzen Jesu, d.h. in der Liebe Gottes, geborgen wissen.

Bei der hl. Gertrud findet sich ein weiterer Gedanke: Das göttliche Herz steht in engstem Bezug zum Herzen des Menschen, das zur Wohnung Gottes wird; zum Beweis gegenseitiger: Vertrautheit («familiaritas») kommt es zum Herzenstausch. Das göttliche Herz soll in unserem Herzen schlagen.

Gertruds Gottesbild, das sie nicht nur der Bibel, sondern auch ihrer persönlichen Christuserfahrung entnimmt, ist sehr positiv. Sie erfährt Gott als den liebevollen Vater, der sie durch Christus anspricht, zärtlich liebt und um ihre Gegenliebe bittet. Im vergöttlichten Herzen Jesu, zu dessen Verkünderin Gertrud wurde, findet sie eine Zuflucht in allen Lebenslagen, und zugleich tiefe liebende Gemeinschaft mit dem Erlöser und umfassende Geborgenheit. Durch die mystische Erfahrung des Herzenstausches weiß sie, dass sie von Christus zur innigsten Gemeinschaft und Freundschaft berufen ist, dass er geduldig ihre Schwächen und Grenzen erträgt und ihr immer wieder die Hand zum Neuanfang reicht. Er ist bereit, alles zu ergänzen, was ihr fehlt, und sie bekennt, dass sie alles, was sie unternimmt, stets durch das Herz ihres Herrn tut, so wie ein Musiker auf seinem Instrument spielt.

4. Was waren die Visionen der hl. Maria Margareta Alacoque (1647-1690)?
Der Gedanke der Sühne im Zusammenhang mit der Herz-Jesu-Verehrung stand bei der hl. Margareta Maria Alacoque im Vordergrund, auch wenn man ihn schon vorher, etwa bei den Kartäusern findet.

1671 trat Margareta Maria Alacoque in den Orden von der Heimsuchung Mariens (Salesianerinnen) (gegründet 1610 von den Heiligen Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal) in Paray-le-Monial ein. Ihr Leben im Heimsuchungskloster war sehr schwierig. Bereits als Kind und Jugendliche hatte sie mehrere Visionen, die sich nach ihrem Eintritt ins Kloster häuften. Ihre Mitschwestern verspotteten und demütigten sie deswegen. Margareta Maria bekam zudem in ihren Visionen den Auftrag, auf Missstände hinzuweisen, die sich unter den Schwestern eingebürgert hatten. Dadurch wird man nicht beliebt, auch in einem Kloster nicht. Am 27. Dezember 1673 hatte Margareta Maria eine Vision, in der Jesus Christus sie beauftragte, sich für die Verehrung seines göttlichen Herzens einzusetzen. In den folgenden eineinhalb Jahren folgten weitere drei Visionen, in denen Jesus Christus Margareta Maria auftrug, sie möge sich dafür einsetzen, dass jeder erste Freitag im Monat und der zweite Freitag nach dem Fronleichnamsfest der besonderen Verehrung des Herzens Jesu gewidmet sein solle.

Am Abend des 20. November 1677 erhielt Margareta Maria in einer Vision den Auftrag, öffentlich vor der gesamten Gemeinschaft zu sagen, Gott hätte sie als „Sühneopfer“ für die Sünden der Schwestern auserwählt, weil diese nicht bereit waren, sich zu ändern. Man beschimpfte Margareta Maria, schrie sie an, verspottete sie. Als sie später auf dem Weg zu ihrer Zelle war, wurde sie von einer Gruppe von Mitschwestern regelrecht überfallen. Sie rissen ihr den Schleier herunter und schlugen ungezügelt auf sie ein. Am nächsten Tag bereuten die Schwestern zwar ihr Verhalten und begannen mit Margareta Maria höflicher umzugehen, blieben aber trotzdem weiterhin reserviert. Margareta Maria war in dieser Zeit oft monatelang krank, und dann plötzlich wieder gesund. In der Gemeinschaft regte sich dadurch verständlicherweise erneut Unmut. Margareta Maria wurde als Heuchlerin bezeichnet, die ihre Krankheit nur vortäusche, um keine Arbeiten in der Gemeinschaft übernehmen zu müssen. Heilige sind für ihre Mitmenschen nicht immer einfach. Margareta Maria Alacoque wurde am 18. September 1864 von Papst Pius IX. selig- und am 13. Mai 1920 von Papst Benedikt XV. heiliggesprochen. Ihr Gedenktag ist der 16. Oktober. Wir sehen den zeitlichen Bezug der Heiligsprechung Margarateas und der Entstehung des Ruggeller Seitenaltars.

Was ist der Kern ihrer Visionen?

Da ist einmal die konkrete Verehrung des Heiligsten Herzens Jesus an den Herz-Jesu-Freitagen, d.h. an den ersten Freitagen im Monat durch Beichte, Besuch der hl. Messe mit würdigem Kommunionempfang, in der Regel gefolgt von eucharistischer Anbetung und eucharistischem Segen. Sehr tröstlich ist in diesem Zusammenhang die große Verheißung, die Jesus Margareta in einer Vision anvertraute:

«Ich verspreche dir im Übermaße der Güte Meines Herzens, dass Meine allmächtige Liebe allen, die in neun aufeinanderfolgenden Monaten am ersten Freitag die heilige Kommunion empfangen, die Gnade aufrichtiger Reue in der Todesstunde verleihen wird, so dass sie nicht in Meiner Ungnade sterben, sondern die heiligen Sakramente empfangen, und in der letzten Stunde einen sicheren Zufluchtsort finden in Meinem Herzen.»

Dann geht das Herz-Jesu-Fest jeweils am zweiten Freitag nach dem Fronleichnamsfest auf sie zurück. Jesus sagte ihr in einer Vision: «Sieh hier das Herz, das die Menschen so sehr liebt, dass es nichts gespart hat, um sich zu opfern, und zu erschöpfen in Liebesbeweisen; und als Dank empfange ich von den meisten Menschen nur Kälte, Unehrerbietigkeit, Verachtung und Sakrilegien in diesem Sakrament der Liebe. Was mich aber am meisten schmerzt, ist, dass Herzen, die Mir besonders geweiht sind, Mir auf diese Weise begegnen. Darum verlange Ich von dir, dass der erste Freitag nach der Fronleichnamsoktav ein besonderer Festtag zur Verehrung Meines Herzens werde; dass man an dem Tage sich dem heiligen Tische nahe, und einen Ehrenersatz leiste, zur Sühnung all der Beleidigungen, welche Meinem Herzen, seit es auf den Altären weilt, zugefügt wurden, und ich verspreche dir, dass Mein Herz diejenigen im reichsten Maße den Einfluss seiner Liebe fühlen lassen wird, die es verehren, und die sorgen, dass es auch von andern verehrt werde.»

Hier kommt der Gedanke der Sühne ins Spiel: Warum hat Jesus Leiden und Tod auf sich genommen? Um Sühne zu leisten für unsere Sünden und uns dadurch zu erlösen. Die Sünden der Menschen rufen nach Wiedergutmachung. Wenn wir dies für unsere eigenen Sünden tun, nennen wir das «Buße». Wenn Jesus zur Wiedergutmachung für Sünden litt und starb, dann war es nicht für seine eigenen Sünden, sondern für unsere. Es war also nicht Buße, sondern Sühne, weil als Wiedergutmachung für die Sünden anderer gedacht. Und auch wir sind eingeladen, zur Wiedergutmachung für alle Beleidigungen, die Gott erdulden muss, uns am Sühnewerk Christi zu beteiligen.

Geliebte im Herrn!

So haben wir mit Zitaten aus der Heiligen Schrift und mit einem Blick auf das Leben und Lehren zweier heiliger Ordensfrauen einige Aspekte der Herz-Jesu-Verehrung betrachtet: - Das Herz Jesu als Bildnis der Liebe Gottes und als Quelle und Ursprung der Kirche und der Sakramente.
- Bei der hl. Gertrud der Großen der Gedanke des Herzenstausches, d.h. ein Leben in inniger Freundschaft und Vereinigung mit dem Herrn.
- Bei der hl. Margareta Maria Alacoque konkrete Anweisungen für die Herz-Jesu-Verehrung jeweils an den ersten Freitagen im Monat und am Herz-Jesu-Fest am zweiten Freitag nach Fronleichnam verbunden mit dem Gedanken der Sühne.


Lassen Sie mich schließen mit drei Zitaten der hl. Margareta Maria:

«Das Herz Jesu verehren, heißt nicht so sehr Gebete sprechen, als sich seinen Tugenden gleichförmig machen.» (zit. nach Hildegard Waach, Margareta Maria Alacoque. Botin des Herzens Jesu, Eichstätt 1992, S. 151)

«Jesus Christus kennt keine Kompromisslösungen. Er will alles oder nichts.» (Waach, 151)

«Beunruhigen Sie sich nicht, sondern haben Sie großes Vertrauen auf die barmherzige Güte des Heilands.» (Waach, 163)
Wallfahrtskomitee Hall in Tirol
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