Herz-Jesu-Wallfahrt Hall in Tirol

Predigt Herz-Jesu-Wallfahrt in Hall

Abt Thomas Renner  - Herz-Jesu-Wallfahrt Hall in Tirol
Herz-Jesu-Basilika, 28. August 2022
Abt Thomas Renner OSB vom Stift Altenburg


Liebe Mitbrüder!
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Das Herz gehört wohl zu den eindeutigsten Symbolen, die wir kennen. In der Werbung und in der Öffentlichkeit begegnet es uns ebenso wie als kleines, persönliches Zeichen zwischen zwei Menschen. Das Herz soll sagen: Ich liebe dich, ich brauche dich, du bist mir wichtig.

Kaum ein anderes Wort ist vielschichtiger und gegenwärtiger – fast mag man sagen inflationärer – in unserer Zeit als das Wort Herz.

Für viele unserer Mitmenschen gilt ja bei der Beurteilung eines Menschen und seines Handelns der Grundsatz bzw. die Richtlinie: Na ja, auf das Herz kommt es beim Menschen eben an. Vieles wird nachgesehen, weil er eben ein gutes Herz hat.

Ja, und es stimmt, denn wir alle wissen aus eigener Erfahrung was ein Mensch doch aus seinem Herzen alles machen kann – eine Gerüchteküche, einen Sitz für Gutes und Schönes, eine Waschküche für schmutzige Wäsche, einen Ort für Wahrheit und Gerechtigkeit, eine Mördergrube, einen Anwalt für Tugend und Tapferkeit.

Ein Mensch kann ein aufmerksames und achtsames oder ein dumpfes und abgestumpftes Herz, ein gutes und liebevolles oder ein liebloses und gleichgültiges Herz haben.

Wir sprechen doch im Alltag immer wieder von einem Menschen, der sein Herz auf dem rechten Fleck hat. Von einem, der sein Herz an eine Idee verloren hat.

Aber auch von herzlosen Strukturen und Zeiten. Von Geschenken, die von Herzen kommen, und vom hart gewordenen, versteinerten Herzen eines Menschen.

Wir lesen in Todesanzeigen oft von einem liebenden Herzen, das aufgehört hat zu schlagen.

Und was wäre ein Valentinstag oder ein Muttertag ohne die großen aufgestellten Herzen bei den Blumengeschäften oder auf den Werbeträgern in den Schaufenstern unserer Geschäfte. Und ein jeder – ob Klein oder Groß – weiß, was damit gemeint ist.

Ganz anders bei Krankenkassen oder beim Arzt. Auf einmal ist das Herz nicht mehr Ausdruck einer Gesinnung oder eines Gefühls, sondern einer der größten Risiko- und Kostenfaktoren.

Seit Jahrtausenden steht das Wort Herz für diese Vielfalt an Sichtweisen, Erfahrungen und Bildern und wird von uns Menschen in dieser Vielschichtigkeit auch verwendet. Es ist ein Ur-Wort unserer menschlichen Sprache und meint eben neben allem Organischen immer auch den Menschen mit seiner ganzen Gesinnung, seiner inneren Einstellung und seinem Charakter.

Deshalb entscheidet sich immer im Herzen eines Menschen, welche Früchte er in seinem Leben hervorbringt, welche Lebensqualitäten von ihm ausgehen, wie jemand auf andere wirkt und was jemand bei anderen bewirkt. Im Herzen liegen die Grundhaltungen, die das Verhalten eines Menschen prägen und die Verhältnisse um ihn herum beeinflussen.

In der heiligen Schrift finden wir immer wieder die Warnung vor zwei großen Gefahren für den Menschen: das eine ist der Götzendienst, das andere die Verhärtung des Herzens.

Der alte Tanz ums goldene Kalb ist ewig jung und feiert immer wieder neu fröhliche Urstände. Es gibt sie bis heute diese Kälber, woran ein Mensch sein Herz hängt, wovon er sich Glück und Heil verspricht, worauf er immer wieder hereinfällt und sich selbst täuscht und in die eigene Tasche lügt.

Ja, auf das Herz des Menschen kommt es an. Darum braucht das Herz gute Pflege, damit es nicht verkümmert, nicht verkrüppelt, verdirbt oder sich verhärtet, sondern lebendig bleibt.

Also seit Jahrtausenden steht das Wort in dieser Vielschichtigkeit.

So ist auch in der Sprache der Bibel das Herz nicht irgendein Organ, sondern eben ein umfassendes Bild für das menschliche Wesen. Für seine Mitte. Für das, was den Menschen als Person unverwechselbar ausmacht, für sein Lebensprinzip.

Welche Einstellung, welcher Charakter, welche Gesinnung, welches Wesen Jesu wird aber mit dem Symbol des Herzens angedeutet?

Wenn wir darüber nachdenken, dann müssen wir sagen: Vor allem ein betroffenes, verwundetes und ein liebendes, ein dienendes zugleich – so kann man es wohl kurz zusammenfassen.

Eine recht verstandene Herz-Jesu Verehrung ist nichts anderes als Christusverehrung – eben unter dem Symbol des Herzens eben.

Die Evangelien geben ja an vielen Stellen auch Hinweise dazu.

Jesus hat ein Herz für die Menschen. Und noch mehr: Sein Herz für die Menschen zeigt nichts anderes als Gottes Herz selbst. Jesus steht den Menschen nicht mit kühler Distanz gegenüber. Nicht abrechnend und zählend. Sondern immer wieder großherzig, verzeihend und nachgehend.

So ist die Herz-Jesu Verehrung als Verehrung der Liebe Christi unter dem Symbol des Herzens eigentlich eine wunderschöne Sache.

Eine, die auch jeder versteht: sieht man doch nur mit dem Herzen gut – wie es der bekannte franz. Schriftsteller Antoine de Saint-Exupery ins Wort gefasst hat.

Nur wenn wir durch Gottes Liebe unser Herz treffen lassen, dann können wir erlöst werden. Weil eben Gott die Liebe ist, möchte er uns berühren und indem er uns sein heiligstes Herz zeigt, zeigt er uns auch seine große Liebe zu uns.

An uns liegt es also, Gott Antwort zu geben, ihm selber unser Herz zu öffnen oder – eben schlimm – es ihm zu verschließen.

Wo man glaubt, auf die Sprache des Herzens verzichten zu können, hört man auf zu lieben, auch im Verhältnis zu Gott.

Ohne das Herz bleiben auch Gottesdienst und Gebet bloßes Ritual, eigentümlich verkopft, kalt und oft einfach langweilig.

Um dieses große Geschenk seiner Liebe zu verstehen, ist es von Zeit zu Zeit manchmal sehr hilfreich, die Stelle aus dem 1. Johannesbrief im vierten Kapitel zu betrachten, wo es heißt: Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe.

Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.

Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

Echte Herz-Jesu Verehrung ist also alles andere als eine Verniedlichung oder eine Verkitschung unseres christlichen Glaubens.

Im Herzen Jesu offenbart sich ganz die Liebe des dreieinigen Gottes zur ganzen Menschheit, zur Schöpfung.

In der Sprache der Liturgie wird dies so formuliert: Das Herz des Erlösers steht offen für alle, damit sie freudig schöpfen aus den Quellen des Heiles.

Es geht um nichts Geringeres als um die Heimholung der ganzen Menschheitsfamilie in eben diese Liebe Gottes.

So ist also, liebe Schwestern und Brüder, die Verehrung des allerheiligsten Herzen Jesu nicht etwas für Menschen von gestern oder gar von vorgestern, die manche so gerne belächeln.

Nein, die bewusste Hinwendung zum Herzen Jesu, dem Zeichen der vollendeten Liebe Gottes zu uns Menschen, ist ein ganz und gar notwendiger Ausdruck unserer persönlichen Christusbeziehung.

Welche Konsequenz ist aber daraus zu ziehen, was müssen wir heute tun – was erfordert die Zeit, die Situation in der wir stehen, von uns:

Wenn wir all das Glauben, wenn wir davon überzeugt sind – ja dann müssen wir vor allem unseren Herrn Jesus Christus bekennen und bezeugen, seine Gottheit, seine Menschheit mit allem, was daraus folgt. In voller Überzeugung dort wo wir stehen.

Wir müssen in der Anfechtung durch die Zeit und den Zeitgeist der uns entgegenbläst, seine Ehre und seine Rechte verteidigen.

Das ist es, was uns von den anderen trennt, von ihnen unterscheidet, das ist auch der Punkt des Widerspruchs zu allen, die nicht an Christus glauben – es gibt keinen anderen.

Es ist unser Herr, es ist unser Glaube an ihn, der die Wahrheit ist, der das Leben und der Weg ist.

Jesus Christus ist es, der alle Gnaden besitzt, von ihm gehen alle Gnaden aus, jegliche Heiligkeit und Tugend. Darum müssen wir mehr denn je angesichts dieser Zeit, dieser gewaltigen gegen Christus und alles Christlichen in unserer Gesellschaft kämpfenden Zeit, bezeugen und bekennen, gelegen oder ungelegen, dass Jesus Christus der einzige Mittler ist, die einzige Brücke, der einzige Retter; dass er der einzige Erlöser ist.

Ja, es gibt keinen anderen Namen unter dem Himmel, durch den wir gerettet werden können. Das ist unser Glaube, das ist es, was uns von vielen anderen unterscheidet und trennt.

Deshalb – das ist unser Dienst, unsere Berufung für diese Welt und diese Zeit, dürfen wir alle Apostel des Herzens Jesu sein.

So wünsche ich ihnen – jedem ganz persönlich – dass sie das Herz Jesu jeden Tag aufs neue als Auftrag und als Geschenk für ihr Leben sehen, damit sie nämlich aus diesem offenen Herzen Jesu als der Quelle des Heiles auch immer wieder freudig zu schöpfen.

Amen.
Wallfahrtskomitee Hall in Tirol
P. MMag. Josef Haspel OSB
2041 Maria Roggendorf 27
Tel. 02953 / 2589-36
Mobil: 0664 / 610 12 13